Mehrere Menschen vor einem Lagerhaus in der Ukraine

Ukrainerin aus Witten: "Ich habe meine Heimatstadt nicht wiedererkannt"

Stand: 08.02.2024, 06:00 Uhr

Olga Tape von der Ukraine-Hilfe Witten stammt aus Cherson. Bei der Übergabe von Spenden in ihrer Heimatstadt erlebte sie viel Leid - aber auch große Freude.

Von Daniel Chur

"Ich wollte selber in meine Stadt fahren, um sie wiederzusehen - ich habe sie nicht wiedererkannt", sagt Olga Tape. Seit 1995 lebt sie schon in Deutschland, seit 16 Jahren in Witten. Zehn Jahre lang organisiert sie bereits Hilfstransporte in die Ukraine. Nach dem Kriegsbeginn gründete sie die Ukraine-Hilfe Witten. Cherson, da wo sie aufwuchs, liegt in der Süd-Ukraine und damit inmitten einer besonders vom russischen Angriffskrieg betroffenen Region.

Kleinbus für Kriegsverletzte als Spende

Wittener Ukraine-Hilfe übergibt Fahrzeug mit Spenden an Militär in Cherson

Olga Tape (rechts) übergibt den Transporter mit Spenden an das Militär.

Vor knapp zwei Wochen fuhr sie mit einem anderen ukrainischen Bekannten dorthin. Über 2.000 Kilometer. Mit dabei hatten sie ein besonderes Geschenk: Einen Lieferwagen, unter anderem gefüllt mit Lebensmitteln, warmer Kleidung und Kerzen. Das Besondere: Nicht nur der Inhalt des Autos war eine Spende für Cherson, sondern auch der blaue Kleinbus selbst.

"Es werden dort dringend Autos gebraucht, mit denen man verletzte Soldaten und Zivilisten von der Front in Krankenhäuser transportiert", berichtet Olga Tape. Darum hatte sie gemeinsam mit weiteren Geflüchteten und schon länger in Deutschland lebenden Ukrainern Geld gesammelt.

Große Sammelaktion im Ruhrgebiet

Auf Weihnachtsmärkten in der Region waren sie unterwegs, auf Veranstaltungen machten sie Musik und nahmen Geld ein. Alles, um einen gebrauchten und einigermaßen robusten Transporter für das Militär in Cherson zu kaufen. Das hat im Januar schließlich geklappt und hinzu kamen noch zahlreiche Sachspenden.

"Wir wollten so schnell wie möglich los", sagt Olga Tape, "In der Ukraine ist tiefster Winter, die Not ist groß." Die lange Fahrt durch die Ukraine beschreibt sie eindrucksvoll: "Du fährst einmal durch das ganze Land und lange Zeit sieht alles normal aus."

Trümmer und beschädigte Häuser an einer Straße

Viel Zerstörung in Cherson in der Südukraine

Fahrt in ein "schwarzes Loch"

Intakte Gebäude, Menschen auf der Straße, normaler Alltag - all das sah Olga Tape während der Fahrt quer durch die Ukraine. Dann kam Cherson: "Da fährst du plötzlich in ein schwarzes Loch." Die Kriegsfront ist nah, entsprechend viel Zerstörung, Leid und Bedrohung sei zu sehen.

"Cherson war mal eine grüne Stadt. Jetzt sind die Menschen dort hoffnungslos, sie überleben mit letzter Kraft. Ich habe Raketen gehört, aber die Menschen haben gar nicht reagiert. Es ist für sie normaler Alltag." Olga Tape, Ukraine-Hilfe Witten

In ihrer Stimme liegt genau so eine gewisse Abgeklärtheit wie tiefe Betroffenheit, während sie uns das am Telefon aus der Ukraine berichtet.

Kleinbus in Cherson übergeben

Doch trotz aller Traurigkeit erzählt sie auch Positives. Die Freude bei den Menschen in Cherson über die Spenden sei riesengroß gewesen. Insbesondere über den Transporter.

"Gerade eben war das letzte Auto, mit dem Verletzte transportiert wurden, kaputt gegangen. Wir kamen gerade richtig", freut sich Olga Tape. Vor wenigen Tagen, nach tagelanger Fahrt konnte sie den Wagen an Soldaten des Militärs in Cherson übergeben.

Hilfe aus der eigenen Community

Familie in Cherson freut sich über Spenden der Ukraine-Hilfe Witten

Eine Frau in Cherson mit ihrem Sohn freut sich über die Spenden.

Ein Aspekt ihrer Aktion ist ihr besonders wichtig, nämlich aus der eigenen ukrainischen Community in Deutschland aktiv geholfen zu haben: "Die Deutschen helfen viel und das seit Beginn des Krieges. Aber wir Ukrainer, die schon etwas länger in Deutschland oder woanders in Europa wohnen, können auch etwas tun", erklärt sie ihre Motivation.

"Unser Ziel ist es, Menschen, die hier leben, zu motivieren, selber Spenden zu sammeln und Aktionen zu starten", so Olga Tape, "Wir wollen zeigen, dass wir unserem Land aus eigenen Kräften helfen und können - und das haben wir jetzt geschafft."

Unsere Quellen:

  • Olga Tape im Interview mit WDR.de

Über dieses Thema berichten wir am 08.02.2024 im Radio in der WDR 2 Lokalzeit.