Zwei Erwachsene, halb in Freizeitkleidung und halb in Anzug, halten ein Kind an den Händen.

Gleichstellung

Vereinbarkeit von Beruf und Familie: So machen es andere Länder 

Stand: 16.08.2023, 15:30 Von Sophie Brach Gamechanger

Von Sophie Brach

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Arbeiten und Kinder kriegen gleichzeitig? Das klingt erstmal schwer machbar, zumindest in Deutschland. In anderen Ländern funktioniert das aber ganz gut — und zwar sowohl für Väter als auch für Mütter. Wir zeigen, was diese Länder anders machen und wo Deutschland steht.

Rund drei Viertel der deutschen Frauen mit Kindern arbeiten, über die Hälfte davon in Teilzeit. Viele wollen aber mehr arbeiten. Dagegen arbeiten die meisten Väter in einem Vollzeitjob, einige hätten aber lieber mehr Zeit zu Hause. Die Vereinbarkeit von Job und Familie ist in Deutschland also nicht geschlechtergerecht. In Schweden läuft das zum Beispiel besser.

Aktuellere Zahlen des Statistischen Bundesamtes bestätigen, dass die Zahl der erwerbstätigen Mütter zunimmt, der Anteil der Teilzeitbeschäftigung aber in etwa gleich bleibt.

Elternzeit und Elterngeld erleichtern Auszeit vom Job

Zuerst der Blick auf Deutschland: Bei uns gibt es seit 2007 das Elterngeld — für 14 Monate pro Elternpaar und höchstens 65 Prozent des Gehalts. Allerdings liegt die Mindestdauer pro Partner:in bei zwei Monaten, die Maximaldauer bei 12 Monaten. Daher geht die Mehrheit der Väter in Deutschland nicht länger als diese zwei Monate in den Elternurlaub — denn sie verdienen oft mehr als ihre Partnerinnen. Die Mütter bleiben dafür deutlich länger zu Hause.

"3 von 4 Väter beziehen Elterngeld nur für die nicht übertragbaren Partnermonate und dies oft gemeinsam mit der Partnerin. Folglich übernehmen Väter selten die alleinige Fürsorge für ihre Kinder während der Elternzeit." Clara Albrecht, Ifo-Institut

Island sei als "Vorreiter im Bereich Geschlechtergerechtigkeit" beim Elterngeld deutlich weiter, sagt Clara Albrecht, die sich am Ifo-Institut mit der Thematik befasst. Dort bekomme jeder Elternteil sechs Monate Elternzeit fest zugeteilt. Außerdem kann das Elterngeld mehr als doppelt so hoch ausfallen wie in Deutschland. Daher nehmen entsprechend viele Väter dieses Angebot an und bleiben länger zuhause.

Vaterschaftsurlaub ermöglicht Männern mehr Zeit mit der Familie

Zusätzlich zur Elternzeit soll es hier in Deutschland auch bald den Vaterschaftsurlaub geben — also den Mutterschutz für Väter. Dann dürfen Väter in den zwei Wochen nach der Geburt ihres Kindes bezahlten Urlaub nehmen. Bis jetzt ist aber noch unklar, wann diese Regelung in Deutschland wirklich in Kraft tritt. Das Familienministerium rechnet ab 2024 damit.

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In Slowenien gibt es den Vaterschaftsurlaub schon. Rund um die Geburt des Kindes kann sich der Vater sogar zwei Monate freinehmen. In der Zeit bekommt er bis zu das Doppelte des slowenischen Durchschnittslohns. Auch das schafft bereits größere Anreize für Väter, die Kinderbetreuung für längere Zeit zu übernehmen.

Mit Steuern weg vom traditionellen Rollenbild

Bei uns in Deutschland gibt es immer noch das Ehegattensplitting bei der Einkommenssteuer. Das heißt, Ehepaare werden nicht einzeln besteuert. Ihr Einkommen wird zusammengezählt und durch zwei geteilt. Davon wird die Steuer berechnet und verdoppelt. Dadurch sparen Paare Steuern, wenn nur ein:e Partner:in arbeiten geht und die:der andere gar nicht. Oft bleibt dann die Frau zu Hause, weil sie meistens weniger verdient als der Mann.

So ein Splitting gibt es in Dänemark nicht. Dort werden auch Ehepartner:innen einzeln besteuert. Mehrere Studien deuten darauf hin, dass dadurch der Anreiz für Frauen, nicht zu arbeiten, deutlich geringer sei, weil es keinen steuerlichen Vorteil bringe. All das bedeutet natürlich, dass Paare zusammengerechnet mehr Steuern zahlen müssen. Diese Steuern kann der Staat aber wiederum in die weitere Familienpolitik stecken.

Recht auf Kinderbetreuung vereinfacht das Berufsleben

Für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist vor allem für Frauen auch die Kinderbetreuung ein Hindernis. Dafür können natürlich die Kinder nichts, das Problem sei "der Mangel an Betreuungsangeboten sowie die oftmals hohen Kosten, die dafür aufgewendet werden müssen", sagt Clara Albrecht vom Ifo-Institut. Gerade für Kleinkinder fehlen in Deutschland oft die Betreuungsplätze – auch wenn "in den vergangenen Jahren bereits enorme Fortschritte erzielt wurden", findet Albrecht.

Für diese Problematik gibt es in Dänemark erste Lösungen. Jedes Kind ab 26 Wochen bekommt dort sicher einen Platz in der Ganztagsbetreuung. Dafür sorgen die Kommunen. Durch diese Garantie sind fast Dreiviertel aller dänischen Kinder unter drei Jahren in einer Betreuung. Für Eltern ist es so einfacher, gleichzeitig zu arbeiten. Außerdem übernimmt die Kommune mindestens 75 Prozent der Betreuungskosten.

Arbeitszeit kann familienfreundlich gestaltet werden

Damit beide Eltern ihren Job weiter ausüben können, aber mehr Zeit für ihr Kind haben, gibt es in Slowenien ein Recht auf Teilzeit. Das gilt bis zum dritten Lebensjahr des Kindes.

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In Frankreich können Eltern bis zu 120 Tage im Jahr bezahlte Krankentage nehmen, um ihre kranken Kinder betreuen zu können. So muss kein Elternteil dauerhaft zu Hause bleiben, um im Krankheitsfall da sein zu können. Hier in Deutschland gibt es seit der Pandemie immerhin schon 30 Kinderkrankentage pro Elternteil, allerdings auch erst mal nur bis Ende 2023. Wie es danach weitergeht, ist unklar.

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9 Kommentare

  • 9 mulOMpUR 23.12.2023, 00:56 Uhr

    Dieser Kommentar wurde gesperrt, weil er gegen unsere Netiquette verstößt. (die Redaktion)

  • 8 Leo 27.08.2023, 13:15 Uhr

    Woher genau findet man die Statistik zur Erwerbsqoute zur Frauen mit Kindern? Brauche sie für eine Hausarbeit und kann sie bei Eurostat nicht finden.

    • kugelzwei 28.08.2023, 20:55 Uhr

      Hi Leo, alternativ sind die Daten auch bei OECD in der Family Database zu finden. Viele Grüße vom kugelzwei Team und viel Erfolg bei der Hausarbeit!

  • 7 Katharina 17.08.2023, 14:43 Uhr

    Bei uns im Ort gehen viele Mütter schnell wieder arbeiten, da man sich sonst als Familie kaum etwas leisten kann. Ich habe 3 Kinder und habe immer nur ein Jahr Elternzeit beantragt. Das Geld war einfach zu gering, um alles stemmen zu können. Väterzeit haben wir nicht in Anspruch genommen. Es war alles stressig. Erst die Tagesmutter und dann der Kindergarten. Hoffentlich bekomme ich einen Platz, hoffentlich wird niemand krank. Leider musste ich den hohen Betrag, den mein Mann an Unterhalt für 2 weitere Kinder bezahlen musste mit ausgleichen. Wir beide haben so viel gearbeitet und die gute Dame war nicht berufstätig. Sie hatte bewusst nicht geheiratet, um kein Geld zu verlieren. Ich hätte gerne mehr Zeit für meine Kinder gehabt, aber es nicht gekonnt. Viele Mütter hätten gerne mehr Zeit anstatt mehr Arbeitsstunden. Der Haushalt ist schließlich auch noch da. Der Stress muss einfach weniger werden.

  • 6 Stephanie 17.08.2023, 07:48 Uhr

    Ich bin Mutter und berufstätig. In der heutigen Zeit ist es notwendig als Frau sein eigenes Einkommen zu haben. Generell sind die Kosten gestiegen, man ist unabhängig und verliert den Anschluss nicht. Jeder muss für sich entscheiden, ob Voll- oder Teilzeit. Diese Entscheidung liegt bei jedem selber und sollte die Politik nicht diktieren. Gerade, wenn die Kinder noch klein sind möchte man doch vieles begleiten. Kinder werden so schnell selbstständig und dann kann man immer noch Vollzeit arbeiten. Die Zeit mit seinen Kindern kann man nicht nachholen. Klar können Väter einen größeren Anteil bei der Erziehung und Betreuung übernehmen. Dies sollte aber jedes Paar für sich entscheiden. Viele übernehmen mittlerweile auch mehr Aufgaben. Nach Feierabend beginnt auch bei den Vätern die Familienzeit/Hausarbeit und nicht wie früher die Couch ;-) Hier hat es schon einen Wandel gegeben.

  • 5 bazi 16.08.2023, 20:59 Uhr

    "Mehrere Studien deuten darauf hin, dass dadurch der Anreiz für Frauen, nicht zu arbeiten, deutlich geringer sei, weil es keinen steuerlichen Vorteil bringe. " Da kann man diskutieren, ob dies ein Vor- oder Nachteil für dt. Frauen ist. In meinem Umfeld gibt es keine Mehrheit für die Abschaffung des Ehegattensplitting. Zur Elternzeit für Väter zwei traurige Erfahrungen von ehm. Kollegen. 1. Kollege blieb 12 Monate zu Hause, da die Geburt gesundh. Folgen für die Frau hatte. Der AG bat ihm nur 2 Monate zu nehmen. Er blieb standhaft. Als er zurückkehrte, hat sich für ihn der Wind so gedreht, dass umgehend kündigte. Beim 2. Kollegen war seine Partnerin selbstständig. Er nahm 12 Monate. Ergebnis wie im Fall 1. Zur Kinderbetreuung. Die DDR war ja formal der BRD voraus. Aber einige Bekannte, die in der DDR ihr Kind zur Welt brachten, war von dem "Zwang" die Kinder früh in die Krippe zugeben, nicht begeistert. Dennoch sollte aber das Angebot ausgebaut werden.

  • 4 Werner Lorenzen-Pranger 31.07.2023, 13:38 Uhr

    Daß es in Deutschland im sozialen Bereich überall hakt, ist eine BInse. So lange "die Politik", sprich die "bürgerlichen" Parteien, nur Nabelschau-Spezialisten, möglichst Juristen, in den Ring schicken, wird sich daran auch nichts ändern.

  • 3 Burkhard Brätsch 30.07.2023, 23:14 Uhr

    Die Bedeutung eines "Rollenbilds" halte ich für überschätzt. Paare folgen nicht einem "Rollenbild", sondern ihren Vorstellungen vom gemeinsamen Leben, auf der Grundlage ihrer Fähigkeiten und Möglichkeiten und nicht änderbarer Realitäten, als da sind Berufsausbildung und Verdienstchancen, Arbeitsplatz- u. Wohnsituation, zwingende Rücksichtnahmen auf Familienangehörige wie Eltern, Großeltern, oder hilfsbedürftige Geschwister. Es gibt Eltern, die wollen ihre Kinder nicht als kleine hilflose Bündel fremden Menschen anvertrauen. Der Erwerb des Familieneinkommens ist ebenfalls "Fürsorge" und kein Indiz für Mangel an Zuwendung. Die Wertschätzung des Einen für den Beitrag und die Leistung des Anderen ist Sache eines jeden Paares. Das Familieneinkommen durch Steuererhöhungen kürzen zu wollen, um Frauen zur Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit zu zwingen, ist anmaßend und ideologieverhaftet. Ich persönlich lehne staatliche Einmischung in die Aufgabenverteilung von Eltern strikt ab.

  • 2 Alleinerziehend-S-H 30.07.2023, 21:56 Uhr

    Denkt auch mal jemand daran , dass die Mütter sich zwischen Beruf, Kindern und Haushalt aufreiebn ? Dass nicht jede Frau gerne ( Stunden Vollzeit arbeiten geht , um abends wie tot ins Bett zu fallen ? Wo ist diese viel gelobte Work-Life-Ballance?

    • Miss N-Icecream 31.07.2023, 15:40 Uhr

      Worklife Balance ist leider ein Mythos. Arbeitet die Mutter, ist sie ne Rabenmutter. Arbeitet sie nicht, ist sie faul und lässt sich finanziell aushalten. Egal, was man tut, irgendjemand hat immer was zu meckern. Ich bin freiberuflich tätig und bekomme von beiden Seiten dumme Kommentare. Aber als Angestellte würde ich meinem Kind nicht gerecht. Ich will es ja auch sehen und nicht nur fremdbetreuen lassen müssen (nichts gegen Mütter, bei denen es nicht anders geht, ich rede hier nur von mir.)

  • 1 Martin D. Bartsch 30.07.2023, 21:34 Uhr

    Woher hat Dänemark das Personal für die Betreuung? Sind vollzeitbeschäftigte Eltern wirklich das Beste für die Kinder? Ist es denkbar, mit zwei 20-Stunden-Jobs ausreichend zu verdienen um die Familie zu ernähren und eine Altersvorsorge aufzubauen? Ehegattensplitting gehört abgeschafft, dafür ein Familiensplitting: das Einkommen der Familienmitglieder wird zusammengefasst und durch die Anzahl der Familienmitglieder geteilt.

    • Burkhard Brätsch 30.07.2023, 23:42 Uhr

      "Familiensplitting" hört sich toll an, hat jedoch nach der von Ihnen vorgeschlagenen Methode Auswirkungen, die nicht wirklich gewollt sein können. Bei hohen Einkommen, die ein Mehrfaches des Betrages ausmachen, ab dem der Spitzensteuersatz gilt, hat die Aufsplittung nach Zahl der Familienangehörigen den Effekt, daß für jedes Kind der volle Grundfreibetrag, die untere Proportionalzone und die Progressionszone bis zum Erreichen des Spitzensteuersatzes sich steuermindernd auswirken. Bei kleinen Einkommen ist bei Aufsplittung rasch eine Grenze erreicht, ab der kein steuerlicher Effekt mehr möglich ist, weil die Steuerlast schon "0" ist. Damit träfe der Vorwurf zu, der im Fall der Kinderfreibeträge völlig zu Unrecht erhoben wurde: Daß dem Staat Kinder von Gutverdienern mehr wert sind als die Kinder von Eltern mit kleinem Einkommen.